BFH entscheidet zum Vorsteuerabzug einer Holding und zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft

Mit dem Urteil vom 19. Januar 2016 (Az. XI R 38/12) hat der BFH mehrere Rechtsfragen zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding und zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft geklärt.
Im Anschluss an das EuGH-Urteil Larentia+Minerva und Marenave Schifffahrt vom 16. Juli 2015 (C-108/14 und C-109/14) kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass einer Führungsholding für Vorsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an dieser Tochtergesellschaft stehen, grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug zusteht. Der EuGH hatte dies damit begründet, dass Eingriffe einer Holding (=Führungsholding) in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie beteiligt ist, eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie darstellen, wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die der Mehrwertsteuer unterliegen und damit der Holding der Vorsteuerabzug dem Grunde nach zusteht. Zu beachten ist jedoch, dass die verzinsliche Anlage eines Teils des eingeworbenen Kapitals bei einer Bank ein umsatzsteuerfreier Umsatz ist, so dass die mit der Kapitalanlage in Zusammenhang stehende Vorsteuer (anteilig) nicht abziehbar ist. Auf die Vereinfachungsregelung des Verzichts der Aufteilung der Vorsteuer gemäß § 43 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung soll dann nicht zurückgegriffen werden können, wenn die verzinsliche Anlage zur Haupttätigkeit der Führungsholding gehört. Gegebenenfalls wäre hier eine Option zur Umsatzsteuerpflicht der Einlage zu prüfen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Urteils befasst sich mit der Frage, ob eine GmbH & Co. KG Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann, da dieses Privileg nach derzeitigem Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ausschließlich juristischen Personen vorbehalten ist. Der BFH kommt hier zu dem Entschluss, dass die derzeitige Gesetzesfassung zur Organschaft jedenfalls insoweit unionsrechtswidrig ist, als sie vorsieht, dass eine GmbH & Co. KG allein aufgrund ihrer Rechtsform nicht Organgesellschaft sein kann. Dieser Ausschluss ist weder zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen noch zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen- oder umgehungen erforderlich und angemessen. Ferner führt der BFH aus, dass der Begriff „juristische Person“ auch eine GmbH & Co. KG umfasst und knüpft dabei an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts an, die dieselbe Auslegung in anderem Zusammenhang bereits ebenfalls vorgenommen haben.
Da die Rechtsform der GmbH & Co. KG als eher „kapitalistische“ Gesellschaftsstruktur von der Rechtsprechung angenommen wird und damit im Sinne einer weiten Auslegung des Begriffs der juristischen Person des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auch eine GmbH & Co. KGs als Organgesellschaft in Frage kommt, bleibt die weitere Entwicklung der Einbeziehung von anderen Personengesellschaften in die derzeitige Organschaftsregelung abzuwarten. Derzeit ist davon auszugehen, dass diese nicht Teil einer Organschaft sein können.
Alles in allem ist das Urteil des BFH zu begrüßen, da es den Unternehmen weitere Rechtssicherheit, insbesondere in Bezug auf den Vorsteuerabzug bei Holdingstrukturen, bringt. Auch bestehende Organkreise sollten nunmehr einer Prüfung auf Einbeziehung von GmbH & Co. KGs unterzogen werden.
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